Brad Pitt ist in einer christlichen Familie aufgewachsen. Warum er sich als junger Erwachsener entschieden hat, nicht mehr an Gott zu glauben hat er in einem Interview mit Parade beschrieben: er will nicht einem Gott dienen, der egozentrisch und größenwahnsinnig ist. Pitt erzählt: „Religion funktioniert… Ich weiß, dass es einem Trost gibt; es ist wie ein Fallpolster. Religion erklärt dir die Welt und sagt dir, dass es etwas größeres als dich gibt und dass am Ende alles gut ausgehen wird. Es funktioniert, weil es tröstet. Ich bin aufgewachsen, daran zu glauben und es funktionierte für mich in meinen kleinen persönlichen Schulkrisen, aber der Glaube hat nicht angehalten. Ich habe die Idee nicht verstanden, dass es einen Gott gibt, der sagt: ‚Du musst meine Größe anerkennen. Du musst sagen, dass ich der Beste bin und dann gebe ich dir ewiges Glücklichsein…‘ Es scheint mir so, als ob alles um Gottes Ego geht. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott aus Motivation für Sein Ego handelt. Das hat keinen Sinn für mich ergeben.“
Auch wenn die kurze Darstellung von Brad kaum den wirklichen Sinn des Evangeliums wiedergibt, eins hat der Amerikanische Schauspieler korrekt verstanden: die herausragende Leidenschaft Gottes ist tatsächlich alle Dinge zum Ruhm Seiner eigenen Person zu tun. Für Brad wurde Gottes Leidenschaft für Sich Selbst zum Hindernis, an Gott zu glauben. Ungefähr 70 Jahre vor diesem Interview hatte ein mindestens ebenso berühmter Mann wie Brad Pitt mit derselben Herausforderung gekämpft. C. S. Lewis, noch kein Christ, erläutert seine Erfahrung: „Als ich anfing nahe an den Glauben an Gott zu kommen und selbst noch für einige Zeit nachdem es mir gegeben wurde [an Gott zu glauben], wurde mir eine Sache zum großen Ärgernis, nämlich die Forderung vieler religiöser Leute, wir sollten „Gott loben.“ Nicht nur das, noch größeres Ärgernis war der Anschein, dass Gott selbst dies ausdrücklich verlangte. Wir alle verachten den Menschen, der eine fortwährende Anerkennung der eigenen Begabungen verlangt…; wir alle verachten noch mehr die Masse der Leute, die sich um jeden Diktator, jeden Millionär, jeden Promi schert, um dessen Verlangen nach Anerkennung zu befriedigen. Deshalb drohte in meinem Kopf ein lächerliches und schreckliches Bild von einem [egoistischen] Gott und seinen Anbetern zu erscheinen. Die Psalmen störten mich besonders dabei: ‚Lobe den Herrn,‘ ‚Oh lobe den Herrn mit mir,’… Es war ein scheußliches Bild. Wie als wenn Gott mitteilt, ‚was ich am meisten will ist, dass mir ständig gesagt wird, dass ich gut und groß bin.‘ Dankbarkeit gegenüber Gott, Ehrfurcht vor Ihm, Gehorsam für Ihn dachte ich zu verstehen, aber nicht diese ewige Laudatio.„1
Lewis klingt genau wie Pitt. Zwei Männer werden von einem Gott konfrontiert, der als höchstes Ziel Seiner Taten den Lob Seines eigenen Namens sucht. Für Brad Pitt wurde dies zum Grund nach Gott gar nicht mehr zu fragen. Für C. S. Lewis wurde es zur Tür, die Gewaltigkeit Gottes zu entdecken und ein theologische Fundament zu finden, welches Grundlage vieler seiner beliebten Bücher geworden ist. Wie Lewis sich mit dem Gedanken eines „für sich selbst Ruhm suchenden Gottes“ angefreundet hatte beschreibt er so: „Die miserable Idee, dass Gott in irgendeinem Sinn unsere Anbetung braucht oder danach lechzt wie eine hochnäsige Frau Komplimente erfleht… wird implizit beantwortet mit den Worten: ‚Wenn ich hungrig wäre, würde ich dir das nicht sagen.‘ (Ps. 50, 12).“2
Lewis distanziert sich also von dem Gedanken, dass Gott den Lobpreis der Menschen sucht, aufgrund dessen, dass Gott einen Mangel in sich selbst hat, den er durch die Ehrerbietung der Menschen ausgleichen will. Lewis argumentiert, dass Gott nicht aufgrund eines Defizits die Anbetung seines Volkes sucht. Gott fehlt nichts an Seiner eigenen perfekten und unendlichen Freude. Aber das heisst nicht, dass Lewis damit sagt, dass Gott keine Anbetung, keinen Lob sucht. Lewis bestreitet nicht, dass Gott alle Dinge zu Seiner eigenen großen Ehre tut. Er bestreitet nur, dass Gottes Leidenschaft für Seine eigenen große Ehre aus Mangel geschieht. Aber warum sucht dann Gott dieses „ewige Laudatio“ des Menschen?
Lewis‘ Entdeckung war folgende: „Die offensichtlichste Eigenschaft des Lobes – ob es das Lob Gottes oder das Lob von irgendetwas anderes ist, ist egal – war mir seltsamerweise bisher nicht in den Sinn gekommen… Mir war noch nie aufgefallen, dass alle Freude spontan überfließt in Lob… Die Welt ist voll von Lobgesang – Liebhaber loben ihre Frauen, Leser ihre Lieblingsdichter, Wanderer loben die Landschaft… Ich hatte bisher nicht bemerkt, dass ebenso wie Menschen spontan loben, was auch immer sie schätzen, sie uns gleichzeitig spontan auffordern, sich ihrem Lob anzuschließen: ‚Ist sie nicht lieblich? War es nicht herrlich? Ist das nicht phantastisch?‘ Wenn die Psalmisten uns auffordern, Gott zu loben, dann tun sie damit, was alle Menschen tun, wenn sie von dem, was sie begeistert, sprechen… Ich denke, wir sind begeistert zu loben, was wir genießen, nicht nur, weil das Lob unsere Begeisterung ausdrückt, sondern weil unser Lob das Vergnügen perfektioniert; Lob ist die Vollendung des Genusses. Es ist nicht aus dem Wunsch, den anderen zu komplementieren, dass Liebhaber einander sagen, wie schön sie den anderen finden; ihre Freude ist unvollständig, bis sie zum Ausdruck gebracht wird. Es ist frustrierend, einen neuen Autor entdeckt zu haben und nicht in der Lage zu sein, jemanden davon zu erzählen, wie gut er ist. Es ist frustierend, plötzlich an die Kurve einer Straße zu kommen und einen unerwarteten Blick auf ein Bergtal von unerwarteter Größe zu haben und dann schweigen zu müssen… Wenn Gott uns befiehlt, Ihn zu verherrlichen, tut dies Gott, weil Er uns einlädt, Ihn zu genießen.“3
Lewis argumentiert also, dass nicht, weil Gott Mangel hat, Er unseren Lobpreis fordert, sondern weil wir Mangel an Freude haben und Gott unseren Mangel an Freude mit Lobpreis begegnen will! Lobpreis ist also für C. S. Lewis die begeisternde Reaktion unseres Herzens darüber, wie groß und genial Gott ist. Lobpreis ist nicht nur die normale Reaktion auf das, was uns begeistert, was wir wert schätzen; Lobpreis ist nicht nur der Ausdruck an Freude an etwas kostbarem, Lobpreis in sich selbst bewirkt eine Vervollkommnung der Freude an einem würdigen und kostbaren „Objekt.“ Weil Gott unserer Sehnsucht nach Freude begegnen will, muss4 Er sich selbst in den Mittelpunkt stellen und immer wieder die Größe Seiner Herrlichkeit erhöhen. Das liebevollste, was Gott für uns tun kann, ist sich selbst über alles zu lieben und sich selbst über alles zu erhöhen. Er muss sich uns immer wieder als großartig und über alles erhaben darstellen, damit wir in Ihm die unendliche Quelle der Freude finden, die wir suchen.
Als ich einem Studenten, der (noch) kein Christ ist, davon erzählte, dass ewiges Leben bedeutet, in der unendlichen Zukunft immer zur vollsten Auslastung unserer Kapazität glücklich zu sein, meinte er, dass dies nicht möglich ist. Er argumentierte: „Lehrt unsere Erfahrung nicht, dass Freude am neuen Computer, am neuesten Auto, an der neuesten (?) Frau nur am Anfang ihren Höhepunkt hat und das Fortschreiten der Zeit ein Absinken an Begeisterung mit sich bringt?“ Er hat Recht, solang das Objekt unserer Freude endlich ist, wird unsere Freude daran endlich sein. Unendliche, nicht nachlassende Freude ist nur möglich, wenn die Sache, die uns Freude bereitet, selbst unendlich ist. Deshalb rückt Gott Seine unendliche Exzellenz und Perfektion immer wieder in den Mittelpunkt. Deshalb lädt er uns immer wieder dazu ein, seine unendliche Güte und Größe zu loben und dabei zu genießen. Gott muss in allem, was er tut, egozentrisch handeln. Dies ist der Garant dafür, dass wir glücklich werden.
Brad, ich hoffe, dass du noch entdeckst, dass Gottes „Egozentrie“ das beste ist, was uns Menschen je passieren kann. Wir hungern danach, selbstvergessen von etwas alles überragend großem begeistert zu sein und die Freude unserer Begeisterung perfekt zu machen, indem unser Herz überfließt mit Lob an einer Sache, die alle unsere Vorstellungen sprengt. Wer, wenn nicht der große und allmächtige Gott, sollte diesen Traum erfüllen. Wenn Gott dir, lieber Brad, befiehlt „sage mir, dass ich der beste bin,“ dann lädt Er dich ein, zu unvorstellbarem Genuss an dem, was tatsächlich, das beste und größte im ganzen Universum ist. Dein Vorgänger C. S. Lewis erlebt dies bereits in für uns unglaublichen Ausmaßen. „Man muss sich vorstellen, perfekt in Gott verliebt zu sein, ertrunken, vollständig aufgelöst und außer sich zu sein über das Vergnügen, was bei weitem nicht in unserem inneren verschlossen und verborgen bleibt,… sondern welches aus uns spontan und mühelos als Lob herausfließt als der perfekte Ausdruck und Vervollkommnung desselben Vergnügens…“5
Fortsetzung folgt…
1 C. S. Lewis. Reflection on the Psalms. Hardcourt: 1985, 90-91. Hervorhebung von mir.
2 Ibid., 93.
3 Ibid., 93-97.
4 Es ist etwas prekär an dieser Stelle davon zu sprechen, was Gott tun „muss“. Es soll hier nicht argumentiert werden, was Gott tun muss im absoluten Sinn, als ob Er eine ultimative Primärverpflichtung hat, an erster Stelle unsere Freude zu suchen. Es soll hier nur argumentiert werden, dass wenn Gott unsere größte Freude will, auch dann Seine eigene Herrlichkeit das Zentrum Seines ultimativen Zieles sein muss. Um uns am meisten gutes zu tun, muss Er zuerst Seine eigene Herrlichkeit suchen, weil genau diese unsere größte Freude ist.
5 Ibid., 96.
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